Weitere Nothilfe für Uganda

Bisher gibt es in Uganda nur vergleichsweise wenige Fälle, aber es herrscht große Angst vor COVID19. Die Wirtschaft ist seit Anfang März heruntergefahren und liegt jetzt am Boden. Nahrungsmittel werden knapp. Der Internationale Ländliche Entwicklungsdienst (ILD) hat deshalb zusammen mit der Caritas Luweero ein Nothilfeprogramm gestartet. Gebraucht werden 140.000 Euro, die komplett über Spenden finanziert werden müssen.

Auch der Verein „LVM Helfen verbindet Menschen“ unterstützt diese Nothilfe kurzfristig mit 15.000 Euro für die besonders notleidende Region Gulu. Die Menschen dort kämpfen mit extremer Nahrungsmittelknappheit. Hermann Schuten ist Projektverantwortlicher beim Internationalen Ländlichen Entwicklungsdienst (ILD) Bad Honnef. Er koordiniert derzeit die Corona-Nothilfe für Uganda in Deutschland und gibt im Interview einen Überblick über die aktuelle Lage. Die Caritas Gulu ist ebenfalls eingebunden in die ILD-Projektarbeit und hat viel Erfahrung mit Nothilfe: Sie kümmert sich darum, dass die Hilfe dort ankommt, wo sie am nötigsten gebraucht wird.

Wie ist die Lage in Uganda?

Hermann Schuten: Uganda verzeichnet momentan nur circa 175 COVID19-Fälle und hat Gott sei Dank noch keine Toten zu beklagen. Die Regierung hat vom ersten Tag der Pandemie an das Land komplett heruntergefahren, eine Ausgangssperre verhängt, Geschäfte geschlossen, alle öffentlichen Plätze, alle Bars und Diskotheken geschlossen. Es fahren keine Busse mehr und auch die beliebten und überall verfügbaren Motorrad-Taxen („Boda-Boda“) dürfen nicht mehr fahren.

Die Angst im Land ist groß. Die WHO befürchtet eine zwar langsamere Ausbreitung in Afrika, aber gleichzeitig eine Einnistung des Virus in spezifischen Hotspots – und das über eine lange Zeit. Inwieweit das Virus sich schon jetzt in Uganda verteilt hat, weiß man nicht so genau. Das Land hat – vor allem aus leidvoller Erfahrung mit drei Ebola-Ausbrüchen – gelernt, dass man eine Epidemie nur in den Griff bekommt, indem man eine Region ganz massiv und konsequent abschottet. Andernfalls wäre das Gesundheitssystem heillos überfordert.

Wie geht die Menschen in Uganda mit der Situation um?

Hermann Schuten: Bisher trägt die Bevölkerung die Maßnahmen recht gut mit. Auch wegen der Erfahrung mit Ebola. Aber immerhin gibt es die kategorische Schließung schon seit Anfang März. Selbst die am 9. März in der Anreise befindlichen Personen mussten entweder umkehren oder sich in eine zweiwöchige Quarantäne begeben. Auf diese Weise hat man auch die betroffenen COVID19-Infizierten entdeckt.

Die Konsequenzen des Shutdowns sind massiv: Die Bevölkerung leidet nicht so sehr unter dem Virus selbst. Aber die Wirtschaft liegt total am Boden. Die Arbeitslosigkeit ist stark gestiegen. Die Lebensmittelversorgung wird immer schwieriger. Die lokalen Märkte entlang der Straßen gibt es zwar noch. Lebensmitteltransporte finden aber nur statt, wenn sie von staatlichen Stellen genehmigt worden sind. Wo Nahrungsmittel importiert werden, ist die Qualität zweifelhaft. Nacherntetechnik und Lagerung sind nach wie vor problematisch.

Die Menschen leiden darunter, dass sie nicht oder nur schwer an Nahrungsmittel herankommen und sie auch nicht mehr bezahlen können. Das ist in bestimmten Regionen wie den Trockengebieten im Nakasongola-District oder auch der Region Gulu extrem. Je weiter man nach Norden kommt, umso trockener sind die Landstriche. Von den Menschen dort ist zu hören: „Wenn wir nicht bald wieder aufmachen, sterben wir an Hunger, nicht am Corona-Virus.“ Indirekt tötet das Virus die Menschen also doch.

Wie wird sichergestellt, dass die Nothilfe ankommt?

Hermann Schuten: In den Regionen Luweero, Nakaseke und Nakasongola, in denen Projekte aus dem Münsterland angesiedelt sind, stützt sich die Regierung stark auf den Projektpartner Caritas Kasanaensis Luweero (der im Übrigen über die Kooperation mit der Caritas Gulu auch im Norden Ugandas aktiv ist). Alle anderen Organisationen müssen ihre Nahrungsmittelhilfe an die Regierung abtreten, die sie dann an Bedürftige verteilt. Die Caritas Kasanaensis genießt besonderes Vertrauen und darf als einzige kirchliche Organisation selbstständig Bedürftige identifizieren und Lebensmittel ausgeben. Selbst andere ILD-Projektpartner haben diese Ausnahmegenehmigung nicht. Offenbar traut man nur der Caritas Kasanaensis Luweero (mit der auch LVM Helfen verbindet Menschen über den ILD zusammenarbeitet) zu, seriös damit umzugehen. Die Nothilfe kommt also schneller bei den Menschen an. Und aus Sicht von Geldgebern hierzulande ist damit zugleich die Gefahr der Korruption gebannt.

Die Caritas kauft die Lebensmittel für einen reduzierten Preis von den in den ILD-Projekten organisierten Bauern ein, um sie dann frei an Bedürftige – alte und kranke Menschen sowie notleidende, verarmte Familien – ausgeben zu können. Bis jetzt konnten bereits 8.650 Tonnen Maismehl verteilt werden. Einmalige Hilfe reicht aber nicht.

Dass die Bauern der Projekte selbst in Genossenschaften organisiert sind, erweist sich in dieser Lage als Riesenvorteil für eine möglichst schnelle und unmittelbare Versorgung mit guten Lebensmitteln. Sie selbst sind jetzt viel widerstandsfähiger und können ihre Familien versorgen.

Die Caritas Luweero benötigt insgesamt rund 140.000 Euro, die als Nothilfe komplett aus Spenden finanziert werden müssen. Daraus soll neben der Nahrungsmittelhilfe auch medizinisches Equipment, zum Beispiel kontaktlose Fiebermessgeräte, finanziert werden. Weil in dieser Zeit zugleich mehr Krankenschwestern ausgebildet und Pflegepersonal in den Gesundheitszentren weiter geschult werden, sind die Spenden über die Krise hinaus nachhaltig wirksam.

Wie geht es weiter?

Hermann Schuten: Was Lockerungen angeht, hält sich der Präsident sehr bedeckt, der Lockdown geht noch mindestens bis Ende Mai. Aktuell gibt es einige Fälle und Quarantänen beim ILD-Projektpartner Apoola Na Angor (ANA) in Bukedea im Osten Ugandas. Es besteht große Sorge, dass sich das zu einem Hotspot entwickeln könnte.

Angst haben alle vor der exponentiellen Ausbreitung des Virus. Damit wäre man in den Gesundheitseinrichtungen völlig überfordert. Es gibt weder genügend Masken und Schutzkleidung noch genügend Intensivbetten. Und an Beatmungsgeräte ist gar nicht zu denken, die gibt es außer in einem Krankenhaus in Kampala nirgends.

Bild und Text: Luise Richard